Prof. Dr. Daniel Zimmer, LL.M.

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Curriculum Vitae

Professor Dr. Daniel Zimmer ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Handels- und Wirtschaftsrecht und des Center for Advanced Studies in Law and Economics (CASTLE) der Universität Bonn. Sein Studium der Rechtswissenschaften absolvierte er von 1979 bis 1984 an den Universitäten Mainz, Lausanne und Göttingen. Es folgten ein juristischer Vorbereitungsdienst in Celle und ein Masterstudium (LL.M.) an der University of California, Los Angeles (UCLA). 1991 erlangte Daniel Zimmer seinen Doktorgrad der Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen, wo er anschließend als wissenschaftlicher Assistent tätig war. Auf seine Habilitation zum Thema „Internationales Gesellschaftsrecht – Das Kollisionsrecht der Gesellschaften und sein Verhältnis zum Internationalen Kapitalmarktrecht und zum Internationalen Unternehmensrecht“ im Jahr 1996 folgte die Ernennung zum Universitätsprofessor an der Ruhr-Universität Bochum. Von 1999 bis 2001 war Prof. Daniel Zimmer darüber hinaus Gastprofessor an der Universität Lausanne, Schweiz. 2001 wechselte er an das Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht der Universität Bonn. Ebenso war Daniel Zimmer Mitglied verschiedener Kommissionen, u.a. war er in der Monopolkommission, der Spezialkommission „Internationales Gesellschaftsrecht“ des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht sowie im Forum on Auditor Liability der EU-Kommission tätig. Des Weiteren ist er seit 2016 Research Fellow am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sowie seit 2018 Research Affiliate am Reinhard Selten Institut in Bonn/Köln.

Von April bis September 2019 sowie Oktober 2020 bis März 2021 war Prof. Dr. Daniel Zimmer Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“ in Bonn.

Forschungsprojekt I

„Zwischen ökonomischem Modelldenken und rechtskultureller Werteverfolgung: Regulatorische Ansätze zu einer Kontrolle von Algorithmen“

Die Kontrolle und Regulierung bedeutender Internetkonzerne ist eines der großen rechtspolitischen Themen unserer Zeit. Der Betreiber einer weltumspannenden Suchmaschine, des führenden sozialen Netzwerks oder der größten Onlinehandels-Plattform weiß womöglich aufgrund einer Auswertung früherer Aktivitäten, dass ein bestimmter Konsument mehr als andere für modische Kleidung auszugeben bereit ist; er weiß möglicherweise aufgrund der Auswertung des Email-Verkehrs, dass der Verhandlungspartner am Wochenende eine Verabredung in London hat und deshalb auf die Buchung eines Fluges dorthin angewiesen ist; er weiß womöglich vom Bestehen einer Erkrankung des Verhandungspartners, die dessen Bedarf an bestimmten Medikamenten steigert. Anbieter können im Onlinehandel technische Programme nutzen, um die Zahlungskraft und -bereitschaft von Nutzern zu analysieren und abzuschöpfen. Wer mittels eines teuren Smartphone-Typs in einem Onlineshop nach Modeartikeln sucht, bekommt Ware zu höheren Preisen angeboten als andere Interessenten, deren Smartphones eine geringere Kaufkraft signalisieren. Wer sich zum zweiten oder dritten Mal für dieselbe Flugverbindung interessiert, bekommt den Flug zu ungünstigeren Bedingungen als zu Beginn angeboten; sein anhaltendes Interesse signalisiert eine gesteigerte Zahlungsbereitschaft. Eine vollkommen individualisierte Angebotserstellung, die bei jedem einzelnen Verbraucher die maximale Zahlungsbereitschaft abschöpft, stellt – so ließe sich argumentieren – die Vorzüge der Wettbewerbswirtschaft in Frage: Ein Vorzug der Marktwirtschaft wird im allgemeinen darin gesehen, dass Verkäufer mit vorteilhaften Angeboten um Kunden konkurrieren.

Das Forschungsprojekt geht der Frage nach, ob die immer weiterreichende Sammlung und Auswertung von Daten eine Entwicklung bedeutet, die einen neuartigen Regulierungsbedarf auslöst. Das Thema hat Bezüge zu verschiedenen kulturell geprägte Rechtsmaterien (Antidiskriminierungsrecht, Datenschutz-/Persönlichkeitsrecht, Verbraucherschutzrecht), aber auch zu Wirtschaftstheorie und Wettbewerbsrecht.

Forschungsprojekt II

„Die digitale Rechtsgemeinschaft“

Es ist nicht allein das staatlich gesetzte Recht, welches dem Zusammenleben der Menschen harte Grenzen setzt. Vielmehr setzen die aus Nullen und Einsen bestehenden binären Codes von  Computerprogrammen mehr und mehr die Regeln dafür, wie Menschen zusammenleben. Beispiele, die diese These zu stützen scheinen, gibt es zuhauf: Eine elektronische Sperre hindert den Mieter eines Elektrorollers daran, mit dem Fahrzeug die Stadt zu verlassen. Ein automatischer Uploadfilter kann verhindern, dass ein Nutzer Bilder oder Texte, die große Ähnlichkeit mit anderen, zuvor existierenden Bildern oder Texten haben, auf einer Internetplattform hochlädt.

Solche technischen Grenzen werden von privaten Akteuren – Unternehmen – gesetzt. Wenn die Privaten die Regelsetzung übernehmen, fordert dies das Recht heraus. Kann der Staat es hinnehmen, dass die Regelsetzung mehr und mehr in private Hände übergeht? Besondere Bedeutung erlangt das Verhältnis von privater Regulierung und staatlich gesetztem Recht in technisch geprägten Gemeinschaften. Solche Gemeinschaften werden beispielsweise von Menschen gebildet, die die gleiche Software nutzen, die über dieselbe Infrastruktur kommunizieren oder Mitglieder desselben sozialen Netzwerks sind. Plattformen wie Facebook und Instagram legen per Algorithmus Regeln für das Verhalten ihrer Mitglieder im Netzwerk fest.

Das Forschungsprojekt „Die digitale Rechtsgemeinschaft“ geht dem Verhältnis von technisch gesetzten Regeln und staatlich gesetztem Recht nach. Haben Facebook und Instagram bei der Technikgestaltung freie Hand, kommt ihnen bei der technischen Regelung der Verhältnisse in der digitalen Rechtsgemeinschaft eine Art Hausrecht zu? Oder ist stets von einem Primat des Rechts auszugehen, auch wenn es um den Zugang zur Mitgliedschaft, deren Beendigung und die Möglichkeit zur Einstellung von Inhalten auf der Plattform geht?   

Publikationen (Auswahl)

Monographien und Herausgeberschaften

  • Neue Gemeinwohlherausforderungen - Konsequenzen für Wettbewerbsrecht und Regulierung (herausgegeben von Jürgen Kühling und Daniel Zimmer). Schriften der Wissenschaftlichen Vereinigung für das gesamte Regulierungsrecht, Band 4. Nomos Verlag, Baden-Baden 2020.
  • Weniger Politik! Plädoyer für eine freiheitsorientierte Konzeption von Staat und Recht, Verlag C. H. Beck, München 2013.
  • The Goals of Competition Law, (herausgegeben von Daniel Zimmer; mit Beiträgen von Louis Kaplow u.a.), Verlag Edward Elgar, Cheltenham (UK) und Northampton, MA (USA) 2012.
  • Beitrag der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zum Handels- und Wirtschaftsrecht (herausgegeben von Holger Fleischer und Daniel Zimmer; mit Beiträgen von Steffen Altmann, Christoph Engel, Armin Falk, Holger Fleischer, Lars Klöhn, Matthias Leistner, Felix Marklein, Klaus Ulrich Schmolke und Daniel Zimmer), Verlag Recht und Wirtschaft, Frankfurt a.M. 2011.
  • Law and Economics in European Merger Control (Ulrich Schwalbe, Daniel Zimmer), Oxford University Press, Oxford 2009.
  • Internationales Gesellschaftsrecht - Das Kollisionsrecht der Gesellschaften und sein Verhältnis zum Internationalen Kapitalmarktrecht und zum Internationalen Unternehmensrecht (Schriftenreihe Recht der Internationalen Wirtschaft, Bd. 50), Verlag Recht und Wirtschaft, Heidelberg 1996 (zugl.: Göttingen, Univ., Habilitationsschrift, 1996.
  • Zulässigkeit und Grenzen schiedsgerichtlicher Entscheidung von Kartellrechtsstreitigkeiten. Eine rechtsvergleichende Untersuchung auf der Grundlage US-amerikanischen und deutschen Rechts (Wirtschaftsrecht und Wirtschaftspolitik, Bd. 116), Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1991 (zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1991).

Aufsätze und Buchbeiträge

  • Die Verantwortung des Gatekeepers für den Wettbewerb im Internet: Überlegungen zu einer Rechtsfortbildung, in: Festschrift für Karsten Schmidt zum 80. Geburtstag / hrsg. von Katharina Boele-Woelki, Florian Faust, Matthias Jacobs, Thilo Kuntz, Anne Röthel, Karsten Thorn und Birgit Weitemeyer, Band II, Verlag C.H. Beck München 2019, Band II, S. 685 - 695
  • Die Bändigung der Algorithmen, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) 29.11.2019, S. 18
  • Algorithmen, Kartellrecht und Regulierung, in: Europäisches, deutsches und internationales Kartellrecht. Festschrift für Dirk Schroeder / hrsg. von JulianeKokott, Petra Pohlmann und Romina Polley, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 2018, S. 999 - 1008
  • The Digital Economy: a Challenge for Competition Policy, in: The Roles of Innovation in Competition Law Analysis (Paul Nihoul/Pieter Van Cleynenbreugel, eds.), Edward Elgar, Cheltenham (UK) and Northampton (MA, USA) 2018 S. 299 – 306
  • Property Rights Regarding Data? in: Trading Data in the Digital Economy: Legal Concepts and Tools (Sebastian Lohsse/Reiner Schulze/Dirk Staudenmeyer, eds.), Baden-Baden, Nomos, 2017, S. 101 – 108
  • Individual Sanctions in German Law: The Case for a Criminalisation of Antitrust Offences?, Concurrences 2016 No.2, 28-32, Institute of Competition Law.
  • The Emancipation of Antitrust from Market-Share-Based Approaches, The Antitrust Bulletin, Vol. 61 (2016), 133-154, Sage Publications.
  • Kartellrecht und Ökonomik - Paradigma einer Wechselwirkung, in: Recht und Sozialtheorie im Rechtsvergleich/Law in the Context of Disciplines (Hrsg. Stefan Grundmann und Jan Thiessen), Schriftenreihe Rechtsvergleichung und Rechtsvereinheitlichung Bd. 31, Verlag Mohr Siebeck, 2015, 105-114.